Die „Matzner Schatztruhe“ wurde endlich geöffnet!                                      16.11.2007

 

Man könnte von einem Märchen oder besser von einem Wunder sprechen!

Da stand seit Jahrzehnten (seit wann eigentlich?) eine eiserne „Schatzkiste“ vor der ehemaligen Kanzlei der Volksschule beim alten Eingang von der Bahnstraße her.  Einige steinerne Kanonenkugeln lagen auf ihr, aber kaum jemand kümmerte sich näher um sie.

Generationen von Schülern sind darauf gesessen, haben mit den Kugeln gespielt und wohl auch – vergebens – versucht, die Truhe zu heben oder gar zu öffnen.

            Schulwarte und Putzfrauen haben sich über das schwere Trumm, das die Arbeit behinderte, geärgert, aber manche Heimatkunde- oder Geschichtslehrer haben doch ihr Interesse an der historisch sicherlich interessanten Truhe gezeigt.

            Mehrmals wurde auch mit Gewalt versucht, sie zu öffnen. Nie gelang es!

Bis eines Tages ein Kakteenfreund aus Strasshof meinte, dass dieses alte Stück sehr gut in seinen Wintergarten passen würde, und so wurde sie ihm, ohne viel nach den Besitzverhältnissen oder nach dem Wert zu fragen, „geschenkt“.

            Es fiel dann doch einigen Lehrern auf, dass das historische Stück nicht mehr da war. Und jetzt wurde das Team des Matzner Archivs über den Verlust informiert. Die an der Geschichte Matzens und den überkommenen Quellen besonders interessierten Mitarbeiter wollten zuerst gar nicht glauben, dass das alte Prunkstück so mir nichts dir nichts weggegeben worden sei, dann aber begann eine langwierige Rückholaktion. Der Kakteenfreund sah erfreulicherweise gleich ein, dass er das „Geschenk“ eigentlich nicht annehmen und behalten könne und erklärte sich zur Rückgabe bereit. Mit Rücksicht auf seinen prächtigen Wintergarten und auf die Kakteen, denen ein zusätzliches Umziehen erspart werden sollte, wurde mit der Rückstellung bis Ende der Sommersaison gewartet. Dann aber war es endlich so weit! Unter großen Mühen – man hatte das Gewicht der Truhe doch stark unterschätzt – kehrte die „Schatztruhe“ nach Matzen zurück.

            Nun aber sollte endlich ganze Arbeit geleistet werden: Die Truhe musste geöffnet und der Inhalt endlich untersucht werden.

Da das alte Schloss, zu dem ja längst kein Schlüssel mehr vorhanden war, allen gütlichen Schlosser-Versuchen widerstand und auf normalem Weg also nicht mehr zu öffnen war, musste mit Gewalt vorgegangen werden: Mit großer Vorsicht wurde der Boden aufgeschnitten und es zeigte sich endlich der Inhalt: Die Truhe war gerammelt voll mit Originalakten des ehemaligen Bezirksgerichtes Matzen! Diese große Menge Originaldokumente aus den Jahren zwischen 1820 und 1870 (es werden, vorläufig nur geschätzt, wohl über 2.000 sein!)  wurden herausgenommen und werden nun gereinigt, gelesen, bearbeitet und neu aufbewahrt. Vorläufig wird daran gearbeitet, die Namen der Matzner, die in den Dokumenten genannt sind, aufzulisten und computergerecht zugänglich zu machen.

            Nachdem der Inhalt aus der Truhe entfernt war, zeigte sich aber auch ihr besonders kostbares „Innenleben“: die besonders Bauart der Truhenwände, der speziell eingesetzte Truhenboden und vor allem das Schloss mit seiner speziellen Verriegelungstechnik verblüfften alle. Das Verschlusssystem ist nicht nur von außen speziell verblendet, sondern hat auch einen ganz speziellen Mechanismus: Mit nur einem Schlüssel bewegen sich zehn breite Riegel, je vier an den Längsseiten und je einer an jeder Schmalseite zum Versperren der Truhe. Zusätzlich ist der eigentliche Schlossmechanismus in einem eigenen Schlosskasten verborgen und das gesamte Schloss durch eine bemalte (!) Eisenplatte verdeckt. Diese hatte allen bisherigen gewaltsamen Öffnungsversuchen widerstehen können und war bis auf kleine Verbiegungen an den Ecken völlig intakt.

Da das Schloss auch einem fachmännischen Reparaturversuch widerstand, wurde es herausmontiert und der Lehrwerkstätte in Gänserndorf übergeben. Diese wird nun im Rahmen eines Projektunterrichtes versuchen, das Schloss wieder „zum Gehen“ zu bringen.

Bis zum heurigen Matzner Adventspaziergang wird das vielleicht gelingen, und dann kann die „Matzner Schatztruhe“ ihren Besitzern, den Matznerinnen und Matznern, im Archiv vorgestellt werden. Wie weit die fachliche Arbeit an den Urkunden dann gediehen sein wird, ist jetzt noch nicht abzusehen. Da wartet noch viel Arbeit! Doch ist jetzt schon zu sagen, dass mit diesen Dokumenten viele neue und sichere Belege für Matzner Bewohner und deren Namen aus diesem Zeitraum vor beinahe 200 Jahren gefunden wurden und Interessierten zur Verfügung gestellt werden können.

 

Für einen großen Dank bei der Hilfeleistung zur Sicherstellung und der Wieder-Heimführung der Truhe sollen hier vor den Vorhang gebeten werden:

            Walter Andre                            Herbert Bugl                             Robert Chitil

            Wolfgang Koch                          Josef Lachinger                         Barbara und Fritz Rettig

            Walter Reitmeier                       und die Gemeindeverwaltung für die Transporthilfe

 

Anton Hofer

Archivleiter

 

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