[hp-um-10-dialekt]

 

„Unser Matzen – Nr. 10“: Weinviertler Mundart

 

Allgemeine Anmerkungen:

Auch im Weinviertel ist (war) zu unterscheiden zwischen:

         einer „Grundmundart“[1]: Sie war die eigentliche alte „mittelbairische“                      Regionalsprache, die ui-Mundart: Muida, Bui, Kui, muißt  usw.[2]

         und der „Verkehrsmundart“ („Umgangssprache“ ua-Wörter)                                 Muatta/Muada, Bua, Kua muaßt, usw., die von den städtischen                         Siedlungen ausgehend die ui-Wörter bereits stark verdrängt                          hatte, bevor auch sie, seit etwa den 80er Jahren d. v. Jh.                                    besonders von den Schulen und den Medien aus, von einer                                       Primitivform der Schriftsprache weitgehend verdrängt wurde.                      (Diese „Hochsprache“ wird allerdings meist sehr fehlerhaft                               gesprochen und auch geschrieben; Regeln der Wortlehre, der                     Satzlehre und vor allem der Schreibung werden weitgehend                             ignoriert.

         Radio- und Fernsehsprecher, Sportler und auch Politiker sind                           dabei oft sehr schlechte Vorbilder.

         Die „SMS-Sprache“ und „SMS-Schreibweise“ scheint nun eine                           Rückkehr zur völligen Beliebigkeit zu bringen.)

die Weinviertler Grundmundart galt seit langem, eigentlich seit der             Entwicklung der allgemeinen deutschen Sprache seit Martin Luther, bes.                in der Stadtnähe, als „altfadrisch“, „schiach“, „gschead“ o.ä. und wurde               außerhalb des privaten bzw. dörflichen Bereiches nach Möglichkeit            vermieden.

Bis in die Mitte des 20. Jhdts wuchsen die Kinder des Weinviertels aber noch weitgehend mit der ui-Grundmundart als eigentlicher Muttersprache auf und lernten erst mit dem Schuleintritt die „schöne“ Sprache als „schöne“ Fremdsprache. („Sprich schön“!)

Stark intensiviert wurden der Druck zum Hochdeutschen und die Verächtlichmachung des „Ostmärkischen“ in der nationalsozialistischen Epoche.

Die Abwertung des Dialektes wurde damit und mit der ständigen Mahnung zum „Schönsprechen“ in der Schule weiter beschleunigt. Die Eltern wollten ihren Kindern den Start in der Schule erleichtern und versuchten mit ihnen – die Schulsprache vorwegnehmend – in einer primitiven und meist in vielen Einzelheiten falschen „schönen“ Sprache zu reden. (Diese Haltung der Eltern und diese Primitiv-Hochdeutsch-Sprache herrschen bis heute vor und haben den Dialekt jetzt auch bei den Kleinkindern weitgehend verdrängt.)

Bis  um 1970 war der Dialekt in der Schule effektiv verboten und wird bis heute selten als gleichberechtigte andere zweite Sprache akzeptiert.

Beide Sprachen lebten aber trotzdem in vielen Weinviertlern noch ziemlich gleichberechtigt nebeneinander.

Seit dem Anwachsen der Massenkommunikation nach dem 2. Weltkrieg verstärkte sich der Rückzug unserer Mundart, unserer „Stammsprache“.  Besonders durch das Radio hörte man ständig die Hochsprache und verlor das nötige Selbstbewusstsein für die traditionelle Eigensprache. (Anders zeigte sich das im westlichen und südlichen Österreich, wo die Eigensprache, zumindest der deutliche lokale Akzent, schon damals als selbstverständlicher Eigenwert geschätzt wurde.)

 

Seit etwa den 70er-Jahren herrscht auch bei den Weinviertler Kindern eine Mischsprache aus (salopper) Umgangssprache, (nicht korrekt beherrschter) Hochsprache und bruchstückhafter Modesprache, wie sie aus Fernsehen und Internet gang und gäbe geworden sind. Die Dominanz heutiger mitteldeutscher ja auch norddeutscher Eigenheiten dabei, wie z.B. die weibliche Form der Zahlwörter (eine Eins, eine Zwei usw. statt einen Einser, einen Zweier usw.) oder Ausdrücke der Kochsprache, trägt ihren weiteren Teil zur Vermischung bei.

Mit der SMS-Schreibweise verbreiten sich nun neben dem völligen Verlust des allgemeinen Sprechenkönnens und des Sprachwissens auch die Zersplitterung der Schreibung und die Marginalisierung der Rechtschreibung. – 

 

Dieses Wörterverzeichnis umfasst die Erinnerung eines alten Mannes (AH, *1935), wobei zusätzlich zur oberflächlichen Erinnerung versucht wurde, auch den passiven Wortschatz einzubeziehen.

 

Ergänzt wird das Verzeichnis durch

         * Hinweise auf die Besonderheiten des traditionellen Weinviertler Dialektes,

         * die Kennzeichnung besonders „nasalierter“ Worte,

         * eine kleine Sprachlehre und ihre Unterschiede zur Hochsprache,

         * eine Wortergänzung, sie sie sich seit dem Abschluss der Hauptdatei ergeben            hat und nach und nach zuwächst und

         * Anmerkungen zur Entwicklung des Redens im Weinviertel (s.o.).

 

Inhalt:

         Vorwort zur Weinviertler Mundart

                   ihre Besonderheiten

                   das Problem ihrer Notierung

         Anmerkungen

                   Zur Sprachlehre/Grammatiik der Mundart

                   Zu dieser Sammlung

                   Hinweise auf andere Sammlungen

         Das Wörterverzeichnis

         Einige Redewendungen

         Ortsspitznamen aus der engeren Region

 


 

[1]           Hier gemeint als älteste Sprachschicht

[2]              Sie wurde von Südmähren bis ins Südburgenland gesprochen

 

zurück